Nach dem erfolgreichen Abschneiden der Schweizer Frauen um Guilia Steingruber (Gold und Bronze), stehen in dieser Woche die Männer in Sofia an der EM im Einsatz. Die Zielsetzung von Bernhard Fluck hört sich vergleichsweise bescheiden an. Die Vorgabe des Cheftrainers lautet: Ein achter Rang mit der Mannschaft und zwei Geräte-Diplome. Einen Beitrag zur Umsetzung von Flucks Vorhaben soll auch Simon Nützi leisten. Der Wolfwiler reiste überraschenderweise mit der Mannschaft nach Bulgarien.


In der Agenda des 23-Jährigen waren in der Kalenderwoche 21 bis vor wenigen Tagen keine besonderen Einträge vermerkt. Auf Nützi warteten gewöhnliche Trainingseinheiten. Er verpasste die Selektion trotz guter Form. Claudio Capelli, Oliver Hegi, Michael Meier, Eddy Yusof und Pablo Brägger erhielten von Nationaltrainer Fluck den Vorzug. Für Nützi blieb die vermeintlich ungeliebte Rolle des TV-Zuschauers, der den Wettkampf vom Sofa aus verfolgt.

Vom Ausfall profitiert

Bis sich der Ostschweizer Brägger Anfang Mai am Ellenbogen verletzte und Forfait erklärten musste. Bräggers Pech war Nützis Glück. Er rückte nach und kommt in Bulgarien zu seinem EM-Debüt. «Es sind zwiespältige Gefühle», gibt der Vize-Schweizermeister an den Ringen zu. «Für Pablo tut es mir sehr leid. Das wünscht man Niemandem, nicht mal einem Konkurrenten.» Gleichwohl freut sich Simon Nützi auf die Feuertaufe auf dem europäischen Elite-Parkett. «Das wäre unglaubwürdig, wenn ich das Gegenteil behaupten würde.»

Aufdrängen für weitere Aufgaben

Dem Solothurner, der seit drei Jahren dem Nationalkader angehört, bietet sich in Sofia die Gelegenheit, einen Fussabdruck auf der internationalen Bühne zu hinterlassen. Sein bisher wertvollstes Ergebnis lieferte Nützi im vergangenen Jahr an der Universiade. Im russischen Kasan belegte er mit der Mannschaft den 11. Rang, im Mehrkampf schaute ein 14. Platz heraus. Es sind noch nicht die ganz grossen Ergebnisse. Das liegt auch daran, weil Nützi durch Verletzungen zurückgeworfen wurde. Zuletzt machte ihm ein Bandscheibenvorfall zu schaffen. «Seit ich wieder schmerzfrei trainieren kann, sind die Fortschritte aber unübersehbar.» Nützi hat sich im Kraftbereich und technisch verbessert.

Rio 2016 im Visier

Sein Fahrplan hat den richtigen Takt: Durch das unerwartete Nachrücken ins EM-Kader kann Nützi seinen «Marktwert» steigern. Im Hinblick auf die Weltmeisterschaften, die im Herbst in China stattfinden und insbesondere auf 2016. Sein grosses Ziel sind die Olympischen Spiele. Simon Nützi wird die Frequenzen in Richtung Rio nochmals erhöhen. In Sofia kann er bei den besten Europäern schon einmal den Puls fühlen.

Quelle: Daniel Weissenbrunner für az Solothurner Zeitung